Mit Bedacht hatten die TheaterFreunde Oberjosbach das Motto „Wir sind so frei“ für die diesjährigen Kleinkunst-Veranstaltungen am 14. und 15. Mai 2022 gewählt.
Den Abend eröffnete gut gelaunt der 1. Vorsitzende Dieter Trispel mit lustigen, aber auch nachdenklichen Worten in Richtung Ukraine, wo Menschen nach wie vor um ihre Freiheit kämpfen. Unterstrichen wurden seine Worte von dem anschließend von Sophie Boehnert vorgetragenen Song „99 Luftballons.
Und dann ging es richtig los mit der bunten Mischung aus Sketchen, Texten und Musikbeiträgen: Den Anfang machte die TFO-Jugendgruppe mit dem Vortrag „Die Vorzeigekinder“, in dem eine gute Fee die Kinder am Abendbrottisch zum Schrecken der Eltern von ganz normalen Kindern mit Hang zum Eigensinn in wahre Vorzeigekinder mit übertrieben harmonischem und angepassten Verhalten verwandelte; eine gruselige Vorstellung (Inga, Jule, Lara, Lotta, Henning, Marie, Sophie, Yara). Es folgte das „Pflegegutachten, in dem vor dem drohenden Besuch der Mitarbeiterin des Medizinischen Dienstes der Sohn mit dem Vater ein hinfälliges Verhalten einstudieren will, um eine höhere Pflegestufe zu ergattern. Für die Mitarbeiterin des Dienstes endete der Besuch tragisch, denn sie muss dabei ihr Leben lassen (Iris Minge, Thomas Rothenbächer, Michael Warnck).
In den „Szenen einer Ehe“ erzählten sich die Eheleute im Bett liegend ihre Träume. Sie hatte von einem kostenlosen Rieseneinkauf bei Rewe geträumt, er dagegen von Sex mit zwei Frauen, allerdings ohne Ehefrau, denn die war ja bei Rewe (Ute Merz, Dieter Trispel). Dann konnte man sich davon überzeugen, wie lustig Impro-Theater sein kann. Carsten Süß ließ durch Assistentin Ronja Zurufe aus dem Publikum einsammeln und setzte zum großen Vergnügen anschließend die Begriffe mit vollem Körpereinsatz pantomimisch in lustige Kurzgeschichten um; ein wahrhafter Knaller nach dem anderen, fanden die Zuschauer.
Der Popchor Königshofen unter Leitung von Christiane Kostka brachte gekonnt drei moderne romantische und den Zuschauern wohlbekannte Musikstücke zu Gehör und erntete viel Beifall. Es folgte der Sketch „Das Verhör“, in dem der verhörende Kommissar an zwei nervigen Schwestern fast verzweifelt und schließlich von den Beiden kurzerhand gemeuchelt und zerteilt wird; sie hatten ihre Tabletten nicht rechtzeitig genommen (Evelyn Ehringhaus, Ute Merz, Konrad Prenzer).
Nach der Pause bat der 1. Vorsitzende die aus Dernau angereisten Gäste auf die Bühne. Hierzu die Vorgeschichte: Als im vergangenen Jahr die schlimmen Überschwemmungen im Ahrtal stattgefunden hatten, entschlossen sich die TheaterFreunde, einem evtl. betroffenen Theaterverein beim Neuanfang unter die Arme zu greifen. Ein Theaterverein war mit Eintracht Dernau schnell gefunden; der Verein hatte beim Hochwasser nicht nur sämtliche Ausstattung und Technik verloren, sondern hatte auch menschliche Opfer zu beklagen. Die TheaterFreunde hatten daraufhin im vergangenen Jahr Spenden eingesammelt und schließlich auf insgesamt 2100 € aufgestockt. Dieser Scheck wurde nun den Gästen als kleine Starthilfe überreicht (siehe Bild). Ein Gegenbesuch in Dernau ist bereits vereinbart.
Danach ging es genauso vergnüglich wie im ersten Teil weiter. In Sketch „Das F hängt“ traf alte Technik auf fehlende historische Kenntnis; der junge Servicemitarbeiter kannte keine Schreibmaschine, die statt Monitor, Akku und WORD ein Farbband und ein „hängendes F“ zu bieten hatte. Er pries die Vorzüge von Computern und musste am Ende feststellen, dass man in den 40 Jahren, in denen der betagte Kunde das in die Jahre gekommene Schreibgerät problemlos genutzt hatte, geschätzte 26 Computer hätte entsorgen müssen. Ein lustiger Sketch zum Nachdenken über die Schnelllebigkeit unserer Zeit und Geräte (Roland Göbelt, Thomas Rothenbächer). Die bekannte Irish-Folk-Band „Foreign- Feathers“ begeisterte anschließend mit Liedern zur Freiheit.
Als musikalisches Duo wussten dann Konrad Prenzer (Interpret) und Marian Krajcovic (Klavier) mit den bekannten Musikstücken „Lass mich dein Badewasser schlürfen“ und „Zu spät“ zu begeistern.
Bei dem Sketch „Die Pizza-Bestellung“ wurde der Kunde davon überrascht, dass dem Pizza-Lieferservice durch beste Vernetzung alle sensiblen Daten über ihn vorlagen: der Inhalt der Krankenakte war ebenso bekannt wie die Besuche der Ehefrau bei der besten Freundin und deren beliebteste Pizzen. Auch die Schwangerschaft der Tochter und die Religion des Schwiegersohns war kein Geheimnis. Als selbst die Adresse der Geliebten genannt wurde, drohte der Kunde schließlich mit Handgreiflichkeiten; ein vergnüglicher, aber auch nachdenklicher Sketch zum Horrorszenario des gläsernen Menschen (Evelyn Ehringhaus, Harald Soldan).
In „Ich bin so frei“ ließ Konrad Prenzer seinen Gedanken freien Lauf über Weichmachersprache und verdrehte und unsinnige Wortakrobatik, die den Redner belesener erscheinen lassen soll und mit vielen Worten wenig sagt, also zumeist Politiker-Aussagen. Er setzte sich für die machtvolle Aussage mit klaren Worten ein; ein selbst geschriebener und außerordentlich vergnüglicher Beitrag, den das Publikum mit viel Beifall honorierte.
Noch einmal spielte sich Carsten Süss beim Impro-Theater in einen regelrechten Rausch und strapazierte die Lachmuskeln der Zuschauer. In einer weiteren Folge von „Szenen einer Ehe“ redete das Ehepaar bei der Überlegung, was für den Grillabend eingekauft werden sollte, gekonnt aneinander vorbei. Er war für fleischliche Genüsse, sie dachte eher an vegetarische Beilagen, Kompromisse aussichtslos!
In „Blackmail“ (Erpressung) erhielt Familienvater den Anruf einer drohenden Stimme aus dem Off, Furcht einflößend unterlegt mit der Rahmenmusik „Spiel mir das Lied vom Tod“. Die Stimme forderte umgehend 25.000 €, wusste über die Vermögensverhältnisse bestens Bescheid und ließ keine Ausrede gelten. Als gar das Wohl von Frau und Kindern in Frage gestellt wurde, willigte der Angerufene angstvoll in die Zahlung und die Befolgung der Anweisungen zur Geldbeschaffung ein. Die Dramatik löste sich in einem Riesenbeifall, als klar wurde, dass das Geld von einem Finanzbeamten eingetrieben wurde (Sebastian Friemel und die Stimme aus dem Off Harald Soldan).
Im Finale führte Dieter Trispel in die Welt der früheren Schlager zurück, die dem Publikum bestens bekannt waren und voller Inbrunst mitgesungen wurden. Den krönenden Abschluss machte Konrad Prenzer mit dem alten Hit „Mary Lou“, der auch noch vom inzwischen hinzu gekommenen vielköpfigen Ensemble der TheaterFreunde mitgesungen wurde.
Ein wunderbarer und äußerst kurzweiliger Abend ging mit viel Beifall zu Ende und die Zuschauer blieben noch lange, um zusammen mit den Darstellern den großen Erfolg zu feiern.